Gestern Abend half ich einer Frau, ihre schweren Taschen nach Hause zu tragen – und heute Morgen standen mehrere Polizeiautos vor meiner Tür und beschuldigten mich deswegen…
Es war ein ganz gewöhnlicher Abend nach einem langen Arbeitstag. Müde machte ich mich auf den Heimweg, als ich an der Straßenecke eine ältere Frau bemerkte. Sie lehnte sich schwer atmend an einen Zaun. Neben ihr lagen zwei riesige Einkaufstaschen. Ich ging zu ihr und fragte, ob sie Hilfe brauche.
— Danke, junger Mann, — keuchte sie, — ich komme gerade aus dem Supermarkt… habe meine Kräfte wohl überschätzt… es ist nicht weit bis nach Hause, aber mein Herz macht mir zu schaffen.

Ich konnte sie nicht einfach dort stehen lassen. Ich nahm ihre Taschen und ging neben ihr her, während sie mühsam atmete. Unterwegs erzählte sie mir, dass sie allein lebe: Ihr Mann sei vor einigen Jahren gestorben, die Kinder meldeten sich kaum noch, und die Rente reiche kaum zum Leben. Ihre Stimme war warm und ruhig, und ich empfand Mitleid und Respekt.
Wir erreichten ihr altes Haus am Stadtrand. Sie öffnete die Tür, dankte mir herzlich und wünschte mir Gesundheit. Ich stellte die Taschen vor die Tür, lächelte und ging. Alles schien ganz normal. Ich merkte mir nicht einmal die Hausnummer.
Doch am nächsten Abend, als ich von der Arbeit zurückkam, standen vor meinem Haus Polizeiwagen. Blaulichter, Uniformierte – wie im Film. Einer der Beamten trat zu mir und nannte meinen Namen.
— Ja, das bin ich, — antwortete ich verwirrt.
Er sah mich lange an und sagte dann etwas, das mir den Boden unter den Füßen wegriss:

— Sie werden verdächtigt, eine Frau ermordet zu haben.
Mir stockte der Atem. Ich konnte es nicht fassen. Ein Mord?! Ich versuchte zu erklären, dass ich ihr nur geholfen hatte, die Taschen zu tragen, aber die Polizisten waren überzeugt: Ich war der Letzte, der sie lebend gesehen hatte.
Sie zeigten mir die Aufnahme einer Überwachungskamera in der Nähe ihres Hauses. Darauf war ich tatsächlich zu sehen – mit ihren Taschen, wie ich ihr durch das Gartentor folgte. Danach tauchte sie nie wieder auf.
Ich wurde aufs Revier gebracht und stundenlang verhört. Ich wiederholte immer wieder dasselbe: Ich habe nur geholfen und bin gegangen. Sie glaubten mir nicht. Ich verbrachte die Nacht in der Zelle, schlaflos, während ich jedes Detail des Abends im Kopf durchging.
Am nächsten Tag kamen die Ergebnisse der Ermittlungen. Es stellte sich heraus, dass in der Nacht noch jemand in ihr Haus gekommen war – ihr Sohn, mit dem sie ständig Streit wegen des Erbes hatte.

Nachbarn hatten den Streit gehört, aber niemand hatte etwas unternommen. Er war es, der seine Mutter erwürgte und dann floh, Spuren hinterlassend, die die Polizei später fand.
Als man mich endlich freiließ, entschuldigte sich der Beamte. Doch in mir blieb nur Kälte und Angst – denn wäre da nicht die Kamera und die gefundenen Fingerabdrücke gewesen, hätte ich vielleicht für ein Verbrechen gebüßt, das ich nie begangen habe.