Ich war immer überzeugt, dass meine Schwiegermutter einfach nur eine gewöhnliche, kranke Rentnerin sei – bis eines Tages die Polizei kam und sie wegen eines sehr schweren Verbrechens festnahm.
Meine Schwiegermutter schien mir immer ein Musterbeispiel für Intelligenz und Güte zu sein. Sie war eine Frau mit tadellosen Manieren, sprach sanft, erhob nie die Stimme und half immer, wenn es nötig war.

Sie liebte unsere Kinder, verwöhnte sie mit Süßigkeiten, erzählte Geschichten und kümmerte sich stundenlang um sie. Ich dachte, ich hätte im Leben gewonnen, eine so liebevolle, kluge und ruhige Schwiegermutter zu haben.
Deshalb schenkte ich es zunächst keiner Beachtung, als an einem Morgen ein Polizeiauto vor unserem Haus hielt. Ich dachte, wahrscheinlich haben die Nachbarn wieder etwas angestellt.
Doch als zwei Polizisten ausstiegen und direkt auf unsere Tür zugingen, wurde mir plötzlich ganz kalt. Ich öffnete, und einer fragte:
— Anna Ivanova?
— Nein, das ist meine Schwiegermutter, — antwortete ich verwirrt.
— Wir müssen mit ihr sprechen, — sagte er knapp.
Meine Schwiegermutter kam zitternd aus dem Zimmer, mit einem verwirrten Blick, als würde sie nicht verstehen, was geschah. Die Polizisten gingen sofort auf sie zu, einer zog Handschellen und sagte ruhig:

— Anna Ivanova, Sie werden zahlreicher Verbrechen beschuldigt, darunter Tötung, Körperverletzung, Sachbeschädigung und mehrere andere schwere Delikte.
Ich erstarrte.
— Ich bin nur eine alte Rentnerin, das muss ein Irrtum sein.
— Ein Irrtum! — schrie ich. — Sie verlässt doch kaum das Haus, sie ist krank, ihr fällt das Gehen schwer! Sie müssen sich geirrt haben!
Doch die Polizisten schienen mich nicht zu hören. Sie führten meine Schwiegermutter zum Wagen, und ich stand wie angewurzelt auf der Schwelle. Sie drehte sich um, sah mich mit tränengefüllten Augen an und flüsterte nur:
— Ich bin unschuldig…
Mein Mann und ich fuhren sofort zur Wache, in der Hoffnung, alles aufklären zu können. Doch dort erwartete uns der Schock.
Der Detektiv schaltete eine Überwachungskamera ein – auf dem Bildschirm war die Straße zu sehen, an der kürzlich ein Mord verübt worden war. Und unter den Passanten – meine Schwiegermutter. Ihr Gesicht war klar zu erkennen, auf ihrem Kleid Blutspuren.

Auf weiteren Aufnahmen tauchte sie in der Nähe anderer Tatorte auf, doch damals hätte niemand die alte, fragile Frau verdächtigt. Bei der Fingerabdruckprüfung stimmten die Spuren überein. Später gestand sie alles während der Vernehmung.
Ich saß fassungslos da. All die Jahre lebten wir unter demselben Dach mit einem Menschen, der ein schreckliches Geheimnis verborgen hielt. Ich ließ meine Kinder mit ihr, vertraute ihr, bewunderte sie…
Und jetzt, wenn ich ihr altes Foto anschaue, sehe ich keine liebe Großmutter mehr, sondern ein Monster, das geschickt hinter einer Maske aus Schwäche und Güte verborgen war.