Mutter und Kind betraten den U-Bahn-Wagen, aber niemand bot ihr einen Platz an. Dann geschah jedoch etwas völlig Unerwartetes.

Die U-Bahn summte wie ein Bienenstock voller gleichgültiger, in sich selbst versunkener Gesichter. In den überfüllten Wagen drängte sich eine junge Frau mit einem Kind auf dem Arm. Das Kleinkind schlief friedlich, an ihre Brust geschmiegt, und sie hielt sich kaum auf den Beinen – mit einer Hand umklammerte sie das Kind, mit der anderen konnte sie die Haltestange nicht greifen. Schweigend blickte sie sich im Wagen um.

Die jungen Fahrgäste saßen mit gesenktem Kopf da und starrten auf ihre Telefonbildschirme. Einige taten so, als würden sie sie nicht sehen. Jemand warf ihr einen Seitenblick zu – und wandte sofort den Blick ab. Der Zug schwankte, und die Frau balancierte mit ihrem Körper, um das Gleichgewicht zu halten. Ein weiterer Blick, ein weiteres Abwenden.

Plötzlich tat eine ältere Dame – sie mochte ungefähr siebzig Jahre alt sein – etwas, das alle überraschte. Ihre Geste ließ die Fahrgäste verstummen und Scham empfinden.

„Liebling“, sagte sie laut und mit deutlicher Betonung, „komm her, ich gebe dir meinen Platz.“ Alle blickten in ihre Richtung. Die alte Dame stand mühsam auf, gestützt auf ihren Stock. Ihr Haar war zu einem ordentlichen Dutt gebunden, und ihr müdes Gesicht trug die Spuren vieler Jahre. Sie gab der jungen Mutter ein Zeichen.

„Meine Knie tun weh, aber deine Hände halten einen wichtigeren Schatz“, sagte sie mit einem sanften, aber bestimmten Lächeln. Die junge Frau kam unsicher näher und flüsterte:

„Danke… vielen, vielen Dank.“

Und dann geschah etwas völlig Unerwartetes. Der Junge, der die ganze Zeit gesessen und Musik gehört hatte, stand plötzlich auf und sagte laut:

„Entschuldigung. Es ist mir peinlich. Bitte setzen Sie sich.“ Er zeigte auf seinen Platz und wandte sich an die ältere Dame.

„Ich sollte aufstehen, nicht Sie.“

Im Wagen breitete sich Stille aus. Nach und nach begannen die Menschen aufzustehen. Plötzlich gab es einige freie Plätze. Jemand bot der Mutter Hilfe mit der Tasche an. Die ältere Frau seufzte leise:

„Ich dachte schon, die Menschen hätten ihre Menschlichkeit ganz verloren…“

Als der Zug hielt, stieg sie langsam aus, ohne sich umzusehen. Auf ihrem Gesicht erschien nur ein kaum wahrnehmbares, ruhiges Lächeln.

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