Ich stieg die Leiter hinauf, um die Äste des alten Apfelbaums zu schneiden, als mein Hund plötzlich mit den Zähnen den Saum meiner Hose packte und kräftig nach unten zog – und da begriff ich den Grund für sein merkwürdiges Verhalten.
Ich erinnere mich gut an diesen Tag. Der Morgen war grau, der Himmel von Wolken verhangen, die Luft stickig und unbeweglich. Es schien, als würde es jeden Moment regnen. Aber ich wollte die Arbeit nicht aufschieben – die trockenen Äste mussten endlich abgeschnitten werden. Die Leiter stand schon bereit, und trotz des trüben Himmels entschied ich: Heute erledige ich es.
Ich stellte die Leiter an den Stamm und begann hinaufzusteigen. Doch kaum war ich ein paar Stufen oben, spürte ich einen Ruck von hinten. Ich drehte mich um – und traute meinen Augen nicht.

Mein Hund versuchte, mir auf die Leiter zu folgen. Seine Pfoten rutschten ab, die Krallen klapperten auf dem Metall, und seine Augen blickten direkt zu mir.
„Was machst du denn da?“ fragte ich nervös lachend. „Bleib unten!“
Ich versuchte, ihn wegzuscheuchen, doch er stellte sich wieder auf die Hinterbeine, klammerte sich mit den Vorderpfoten an die Sprossen – und packte plötzlich mit den Zähnen meine Hose. Er zog so heftig, dass ich fast das Gleichgewicht verlor.
„Aua! Bist du verrückt geworden? Lass los!“ zischte ich.
Aber er ließ nicht los. Mit den Pfoten stemmte er sich gegen die Leiter und zog mich nach unten, als wolle er mich mit aller Kraft aufhalten.
In mir mischten sich Ärger und ein seltsames Gefühl von Unruhe. „Warum macht er das? Spielt er nur? Nein… in seinem Blick war etwas anderes. Eine eindringliche Warnung. Als wolle er mir sagen: ,Geh da nicht rauf.‘“

Ich versuchte es erneut, schimpfte sogar streng, doch jedes Mal, wenn ich höher stieg, zog er wieder an mir. Mein Herz rutschte mir fast in die Hose – ein falscher Schritt, und ich wäre abgestürzt.
Schließlich gab ich auf, stieg wieder hinunter und sagte streng: „Na schön. Wenn du so schlau bist – bleibst du eben an der Kette.“
Er senkte schuldbewusst den Kopf, doch ich band ihn an die Hütte. Ich dachte, jetzt könnte ich endlich in Ruhe weiterarbeiten. Doch kaum wollte ich wieder die Leiter hinaufsteigen, geschah etwas Unerwartetes – und ich begriff endlich, warum er sich so verhalten hatte.
Ein greller, blendender Blitz zerriss den Himmel. Fast gleichzeitig folgte ein Donnerschlag. Die Lichtsäule traf direkt in den Baumstamm – genau dort, wo ich hinaufsteigen wollte. Es krachte, Funken flogen, die Luft roch verbrannt. Ich sprang zurück und hielt mir das Gesicht mit den Händen zu.
Für einen Moment stand ich wie erstarrt, unfähig zu atmen. Dann wurde mir klar: Wäre ich auf der Leiter gewesen, direkt oben in der Krone… ich hätte keine Chance gehabt.
Ich blickte zu meinem Hund. Er stand bei seiner Hütte, die Kette gespannt, und sah mich mit diesem Blick an – voller Verständnis, tiefer als Worte.
„Mein Gott…“ flüsterte ich mit Gänsehaut. „Du hast mir das Leben gerettet.“

Ich kniete mich neben ihn, schlang die Arme um seinen Hals, und er wedelte leise mit dem Schwanz, als wüsste er, dass er das einzig Richtige getan hatte.
Und da verstand ich: Manchmal sehen und spüren unsere Tiere Dinge, die uns Menschen verborgen bleiben.